Quelle: Sächsische Zeitung vom 12.September 2018

Tala Almubarak kam aus Damaskus nach Deutschland. Wie sie mithilfe einer Bildungspatin ihren Weg geht.

Von Julia Vollmer

© Sven Ellger

Reis oder Nudeln. So lautet die typische Frage in der Kantine, im Flugzeug oder wenn Oma nach den Wünschen für das Sonntagsessen fragt. Tala Almubarak muss sich nicht entscheiden: Wenn ihre Mutter kocht, gibt es einfach beides zusammen. Reis mit Fadennudeln ist ein klassisches Gericht in ihrer Heimat Syrien. Die Familie lebt seit vier Jahren in der Johannstadt und fand viele Freunde. Eine von ihnen ist Juliane Schild. Sie ist seit zwei Jahren Talas Bildungspatin und liebt die typischen syrischen Gerichte, die Talas Mutter kocht. „Doch ich komme natürlich nicht nur wegen des Essens, sondern weil wir inzwischen wirklich Freunde geworden sind und mir die Arbeit mit Tala viel Spaß macht“, erzählt Schild schmunzelnd.

Einmal in der Woche treffen sich die 14-Jährige und ihre „große“ Freundin. „Wir erledigen die Hausaufgaben, sprechen über alle Erlebnisse der Woche, und manchmal muss es auch einfach ein Eis sein“, erzählt Tala, und die beiden werfen sich einen verschmitzten Blick zu. Juliane Schild arbeitet als Architektin. Vor gut zwei Jahren las sie den Post von Talas Familie beim Netzwerk Willkommen in Johannstadt. Denn auch die beiden großen Geschwister von Tala lernten mit Bildungspaten. „Ich wollte helfen, aber möglichst so nah dran wie möglich am Menschen“, so Schild. Und ihre Arbeit und die Motivation des Mädchens tragen Früchte. Tala besucht inzwischen die 9. Klasse des Bertolt-Brecht-Gymnasiums. In einer ganz „normalen“ Klasse. Und die ist genauso bunt wie die Gesellschaft in der Johannstadt. „Nur fünf Leute aus meiner Klasse sind Deutsche, alle anderen haben Migrationshintergrund“, erzählt Tala Almubarak. Die Kinder stammen neben Syrien, aus Pakistan, dem Libanon oder Russland. Hänseleien oder Mobbing untereinander sind ihr fremd.

Die Zahl der Flüchtlings- und Migrantenkinder, die in Sachsen einen Schulabschluss machen, steigt. Im Jahr 2016 haben 1 192 und im Jahr 2017 dann 1 553 Schüler mit Migrationshintergrund einen Schulabschluss gemacht, so Manja Kelch aus dem sächsischen Kultusministerium. Für das Jahr 2018 liegen noch keine Zahlen vor. Dabei kann das Ministerium die Zahlen aber nicht in Herkunftsländer unterscheiden. Zahlen, wie viele Kinder mit Flucht- oder Migrationshintergrund in Dresden eine Schule besuchen oder ihren Abschluss machen, kann das Landesamt für Bildung nicht nennen. Beantworten kann das Amt lediglich die Frage nach Unterstützungsangeboten für die Mädchen und Jungen.

Für die Kinder gibt es vom Landesamt eine besondere Bildungsberatung durch die Schulaufsicht, Vorbereitungsklassen und die schrittweise individuelle Integration in die Regelklassen. Bei Bedarf werden der Unterricht im Fach Deutsch als Zweitsprache angeboten und der Einsatz von Betreuungslehrern.

Tala Almubarak wendet sich mit den großen oder kleinen Sorgen, die das Schul- und Teenagerleben so mit sich bringen, neben der Familie oft an Juliane Schild. „Oft lernen wir zusammen Geschichte, das fällt mir hin und wieder ein wenig schwer“, erzählt die 14-Jährige. In Syrien lernte sie die Geschichte ihres Heimatlandes und jetzt die Zahlen und Daten ihrer neuen Heimat. In allen anderen Fächern braucht das Mädchen kaum noch Hilfe. „Sie weiß oft mehr als ich“, erzählt Juliane Schild lächelnd. In Syrien sei die Schule hart, schon in der 1. Klasse lernen die Kinder Englisch, schreiben viele Tests. Dafür sei in Deutschland der Sportunterricht viel härter, erzählt Tala schmunzelnd. „Hier braucht man viel Ausdauer zum Rennen.“ Sie lernen viel voneinander, erzählen die beiden. Die eine über Bräuche und Erfahrungen von Tala aus Damaskus, die andere über die Lebenserfahrungen ihrer Bildungspatin. Jedes Jahr vermittelt das Netzwerk Willkommen in Johannstadt zwischen 15 und 22 Bildungspaten an Kinder und Jugendliche.

Das Netzwerk hilft nicht nur beim Lernen, sondern ist auch sonst aktiv im Stadtteil. Die Mitglieder und Einwohner des Stadtteils helfen bei der Wohnungs- oder Kitaplatzsuche, bei rechtlichen Problemen oder Ämtergängen.

info@willkommen-in-johannstadt.de.

Kategorien
Übersetzung »